Energie aus der Zukunft
Autor: ©Science Pool, River
Dezember 2020
Beim Unboxing Science Experiment Boomerangdose erzählen wir von potenzieller Energie und wie ein besonderer Forscher mit dieser Energieform vor über zwei Jahrhunderten das erste Mal eine Stadt erleuchten konnte. In der Zukunft entdecken wir wahrscheinlich noch viele andere geniale Möglichkeiten Energie zu erzeugen. Heute sind diese noch Science Fiction, aber vielleicht werden sie in einigen Jahren zu Science Facts. Einige dieser Ideen stellen wir dir hier vor.
Sonnenenergie aus dem All
Was im letzten Jahrhundert noch Zukunftsmusik war, können wir heute schon: Wir nutzen die Energie unserer Sonne, um daraus Strom zu gewinnen. Doch dabei haben wir dabei ein großes Problem: auf dem Weg durch die Erdatmosphäre geht ein großer Teil der Sonnenenergie, nämlich 55 bis 60 Prozent, verloren. Um diese Aufgabenstellung zu lösen, wäre es natürlich am besten, die Energie außerhalb der Erdatmosphäre, nämlich gleich direkt im Weltall selbst, zu sammeln.
Das könnte so funktionieren: Eine Flotte aus Satelliten mit riesigen Sammelflächen, also Kollektoren oder sogar aufblasbaren Spiegeln würde die Erde umkreisen. Diese Satelliten könnten die gesammelten Sonnenstrahlen in Mikrowellen umwandeln und dann auf die Erde beamen. Ein solcher Satellit könnte so aussehen:
Das hätte einige Vorteile gegenüber Solarzellen auf der Erde, ganz abgesehen davon, dass man keine Verluste augrund der Atmosphäre hätte. Würde man die Solar-Sammelflächen bewegen und immer zur Sonne hin ausrichten, könnten diese über 99 % der Zeit beleuchtet werden und dabei Energie aufnehmen. Die Solarzellen auf der Erde, die bei Nacht und schlechtem Wetter nicht beleuchtet werden, sammeln im Schnitt nur 29 % der Zeit Licht. Zusätzlich muss man sich keine Sorgen machen, dass die Weltall-Solarzellen irgendwann durch Pflanzen, Schnee oder Sand bedeckt werden. Sie könnten höchstens von Meteoriten oder kosmischer Strahlung getroffen werden, was sicherlich sehr sehr selten vorkommen würde.
Leider ist diese Idee nicht so einfach umzusetzen. Zuerst muss man die Satelliten in den Weltraum bringen, was momentan noch ziemlich teuer und nicht ganz risikofrei ist. Es soll sich ja auch wirtschaftlich lohnen und keiner wäre besonders zufrieden damit, wenn die Satelliten, mit denen man Strom erzeugen will, beim Start beschädigt werden würden. Es gibt auch noch einige technische Schwierigkeiten. Diese Satelliten sollten einerseits natürlich möglichst stabil sein, müssen auf jeden Fall wirklich richtig groß sein, sich aber auch bewegen können. Und dann sollen sie auch noch die gesammelte Energie möglichst gebündelt auf die Erde beamen, damit sie bei der Übertragung nicht verloren geht. Das ist eine kompliziert zu bauende Kombination und bei dem, was wir derzeit können, fast unlösbar! Vielleicht kannst du später dabei helfen, diese Probleme zu lösen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Einbettbare Sonnenenergie
Eigentlich braucht man nicht riesige Konstruktionen, wie die der Satelliten-Solarzellen oder riesiger Kraftwerke, um Energie zu erzeugen. Du kennst sicher das Sprichwort „Kleinvieh macht auch Mist“! In diesen Sinne könnte man, wenn man viele kleine Kraftwerke hat, auch mit „kleinen Mitteln“ viel Energie erzeugen.
Wenn Du schon mal Solarzellen gesehen hast, dann wahrscheinlich auf Dächern von Häusern. Sie sind sehr auffällig und leider überhaupt nicht durchsichtig. Mittlerweile gibt es aber auch Solarzellen, die so aussehen:
Urheberrecht: © Dr. Richard Lunt, Michigan State University
An der Michigan State University in den USA wird an genau diesen durchsichtigen Solarzellen geforscht. Dadurch, dass man durch sie durchsehen kann, könnte man sie an ganz vielen Plätzen einsetzen, wo unsere bisherigen Solarzellen wirklich unpraktisch wären. Man könnte damit zum Beispiel Fenster ersetzten und so könnten Wohnhäuser oder große Bürogebäude mit vielen Fenstern ihren eigenen Strom erzeugen: je mehr Fenster, desto mehr Energie. Als Fensterscheiben von Autos, könnten diese Solarzellen bei Tag und Sonnenlicht so viel Energie sammeln, dass man die Autos nicht mehr bei Stromtankstellen aufladen müsste. Oder du müsstest dein Handy weniger oder gar nicht mehr laden, weil das Display eine Solarzelle wäre und jedes Mal dein Handy lädt, wenn es von der Sonne beleuchtet wird.
Fliegende Windturbinen
Sicher hast du schon einmal einen Drachen steigen lassen! Dabei ist dir wahrscheinlich aufgefallen, dass der Wind weiter oben stärker ist, als in Bodennähe. Je weiter der Drache aufsteigt, desto stärker ist der Wind. Die Turbinen, mit denen man heutzutage Windenergie erzeugt, stehen auf der Erde und sind ungefähr 65 m hoch, das entspricht zirka einem 15-stöckigem Haus. Könnte man die Windräder auf Wolkenkratzer stellen, meist sind diese zwischen 300 und 600 Meter hoch, würden diese von viel stärkerem Wind gespeist werden und daher mehr Energie liefern.
Es wäre aber doch viel zu gefährlich für die Menschen, die in diesem Gebäude arbeiten oder leben. Also könnte man einen eigenen Turm bauen, der so groß ist, wie ein Wolkenkratzer, um den Propeller zu halten. Aber was wäre eigentlich, wenn man den Propeller gleich dirket an so etwas, wie einen Drachen hängen könnte? Tatsächlich haben sich ForscherInnen so etwas schon überlegt. Man braucht aber einen riesigen Drachen, um einen Propeller mit 35 Meter Durchmesser zu tragen, wie du dir vorstellen kannst. Man könnte aber auch so etwas wie einen Helium-Ballon nutzen. Was sich einerseits super gescheit anhört, es hätte aber auch Nachteile. Bei diesen fliegenden Windkraftwerken müsste man natürlich aufpassen, dass sie nicht den Weg von Flugzeuge kreuzen. Außerdem kann es sein, dass mal ein Blitz einschlägt oder das ganze in der Luft festfriert. Darauf muss man auch vorbereitet sein. Vor allem kann es immer sein, dass das Kraftwerk abstürzt, was auch ziemlich unpraktisch wäre. Du siehst schon, wenn man sich das durchdenkt, gibt es bei dieser Art der Energiegewinnung noch einige schwergewichtige Probleme zu lösen, vielleicht hilfst du ja dabei auch einmal mit!
Kernfusionskraftwerke
Seit Jahrzehnten erzeugen wir schon Energie aus Atomkernen. Allerdings kommt die Energie dabei aus der Spaltung der Kerne. In der Fachsprache heißt der Vorgang, der dabei benutzt wird „Fission“. Der nächste Durchbruch wäre es, die Atomkerne nicht zu spalten, sondern verschmelzen zu lassen, das wäre eine „Fusion“. Der Vorteil daran, es würden keine Treibhausgase oder andere Schadstoffe entstehen und vorallem: es bestünde nicht das Risiko einer Kernschmelze. Genauso erzeugt die Sonne ihre Energie: in ihrem Inneren werden Wasserstoffatome zu Heliumatome zusammengedrückt. Das geht, weil im Sonneninneren die Schwerkraft gigantisch stark ist. Hier auf der Erde ist es nicht so einfach.
Der momentan am meisten versprechende Ansatz für ein solches Fusionskraftwerk schaut so aus: Zuerst braucht man einen großen Behälter, der so geformt ist, wie ein Donut. Der Fachbegriff dafür ist „Torus“. In diesen Behälter erhitzt man ein wenig Wasserstoffgas auf 100 bis 150 Millionen Grad Celsius. Das wäre übrigens um einiges heißer als der Sonnenkern, der im Vergleich dazu „nur“ etwa 15 Millionen Grad heiß ist. Dadurch trennen sich die Elektronen von den Atomkernen und aus dem Gas wird ein sogenanntes Plasma, in dem die Atomkerne sehr, sehr schnell durch die Gegend fliegen.
Wenn das Plasma so heiß wird, will es sich ausdehnen, genau wie Wasser, das sich beim Kochen als Dampf im ganzen Raum verteilt. Weil man aber will, dass die Atomkerne zusammenfliegen, muss man das Plasma zusammendrücken. Zum Glück ist Plasma magnetisch, also kann man dafür starke Magneten verwenden. Diese werden in die Wände der Torus-Kammer eingebaut. Dabei ist auch wichtig, dass das Plasma die Wände nicht berührt, weil es sonst sofort auskühlen würde. Wir kompensieren also die fehlende Schwerkraft mit einer Kombination aus hoher Temperatur und starken Magneten.
Wenn das alles funktioniert, dann „krachen“ die Atomkerne zusammen und verschmelzen. Dabei entstehen Neutronen, die eingefangen werden und ihre Energie als Wärme abgeben. Diese Wärme wird dann in Strom umgewandelt.
Grundsätzlich funktioniert das ganze schon. ForscherInnen haben schon Plasma erzeugen und mit Magneten zusammendrücken können. Wir sind aber noch nicht soweit, dass wir damit Energie gewinnen konnten. Bisher mussten wir immer mehr Energie reinstecken, um zum Beispiel das Gas aufzuheizen, als wir am Ende gewinnen konnten. Die drei wichtigsten Eigenschaften eines Fusionsreaktors sind die Temperatur des Plasmas, wie stark das Plasma zusammengedrückt werden kann und wie lange diese Temperatur und dieser Druck aufrecht gehalten werden können. Alle drei müssen noch verbessert werden, vor allem müssen wir noch daran arbeiten, dass das ganze schneller abläuft. Aber, daran wird aktiv geforscht. Mehrere solcher Probereaktoren sind derzeit weltweit schon in Betrieb, zum Beispiel das JET in Großbritannien oder das ASDEX Upgrade in Deutschland. In Frankreich wird gerade der sogenannte ITER gebaut, mit dem es erstmals möglich sein soll, mehr Energie herauszubekommen, als man reinstecken muss.
Von den Ideen zur Energiegewinnung, die wir dir hier beschrieben haben, gibt es beim Fuionskraftwerk noch die meisten offenen Fragen. Der vorhin genannte „ITER“ soll ab dem Jahr 2035 mit dem geplanten Betrieb starten. Wenn du jetzt also noch in der Volksschule bist, könntest du 2035 schon daran mitarbeiten und helfen, wie die Sonne Energie zu erzeugen.
Bild Kernfusionskraftwerk links: Unknown author, CC BY-SA 2.5 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5>, via Wikimedia Commons
Bild Kernfusionskraftwerk Mitte: MAST plasma (3D image), Culham Centre for Fusion Energy; http://www.fusion.org.uk/MAST.aspx
Bild Kernfusionsreaktor rechts: Oak Ridge National Laboratory, CC BY 2.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/2.0>, via Wikimedia Commons